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Playa Giron
1961 - Die Schlacht in der "Schweinebucht"!
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Der
Zusammenbruch des Kommunismus, der Fall des Eisernen Vorhangs und der Berliner
Mauer lassen den Kalten Krieg in den Köpfen der meisten Menschen zu
einem Phänomen werden, das der Vergangenheit angehört. Die Erinnerung
verblaßt zunehmend. Für die Kubaner aber bestimmte er
das Leben nach der Revolution. Im Mai 1959 initiierte Castro den Kalten
Krieg zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten, indem er vier Monate nach
seinem Sieg die Bodenreformen durchsetzte und somit unter anderem Abertausende
Hektar US-amerikanischen Privatgrundbesitzes in staatliche Kooperativen
umwandelte. Ein Jahr darauf nahm er diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion
auf. US-Präsident Eisenhower reagierte, indem er die Zuckerrohrabnahme
der USA stornierte und somit die kubanischen Exporte in die Vereinigten
Staaten um achtzig Prozent reduzierte. Diesem wirtschaftlichen Tiefschlag
ließen die Amerikaner das vollständige Handelsembargo folgen.
Daraufhin solidarisierte sich Kuba bedingungslos mit der In- und Auslandspolitik
der Sowjets. Obwohl sich Castro noch nicht offiziell zum Kommunismus bekannt
hatte, stand für die Amerikaner spätestens jetzt fest, daß
er gestürzt werden mußte.
Das
größte Desaster der Kennedy-Ära war zweifellos der mißglückte
Angriff auf die Schweinebucht. Drei Monate nachdem der demokratische Präsident
gewählt worden war, versuchten 1500 kubanische Auswanderer, geschult
und ausgerüstet von der US-Regierung, das Castro-Regime zu putschen.
Dieser fehlgeleitete Angriff war der Zündstoff, der die Kubakrise
auslöste, den Höhepunkt des Kalten Krieges zwischen den Vereinigten
Staaten und der Sowjetunion.
Vorläufer
zur Invasion der Schweinebucht war ein Luftangriff auf Kuba am 15. April
1961. Geleitet von der CIA begaben sich acht US-amerikanische Leichtgewichtbomber
der Serie B-26 von Nicaragua nach Kuba, um Castros drei Flughäfen
anzugreifen. Sie waren mit den Insignien der kubanischen Luftwaffe gekennzeichnet,
in der Hoffnung, dem Ausland zu suggerieren, die Kubaner selbst hätten
den Überraschungsangriff gestartet. Die Öffentlichkeit ließ
sich jedoch nicht täuschen, sondern reagierte mit Entsetzen und Empörung.
Zwar wurde bei dem Bombenangriff die kubanischen Luftwaffe tatsächlich
dezimiert, aber Castro bewies sein strategisches Geschick, indem er die
Restbestände nutzte und zwei Tage darauf den "echten" Angriff erfolgreich
abwehrte.
Dieser
erfolgte am 17. April um ein Uhr nachts. Die Truppen der kubanischen Exilanten
legten in der Schweinebucht vor Playa Giron an. Castro entsandte umgehend
seine Truppen und Panzer sowie die verbliebene Luftwaffe, bestehend aus
fünf Leichtgewichtbombern und zwei Düsenjägern, die mit
Maschinengewehren ausgerüstet waren. Diese vernichteten die Schiffe,
die den Angreifern Nachschub und Verstärkung liefern sollten. Man
sagt, Castros Sieg sei unter anderem darauf zurückzuführen, daß
Kennedy nach der vorangehenden Blamage zögerte, weitere US-Bomber
nach Kuba abzukommandieren. Wie dem auch sei, Castros vereinte Streitmächte
bescherten den gestrandeten Angreifern eine verheerende Niederlage. Am
19. April hatten die Kubaner beinahe 1200 Kriegsgefangene genommen und
114 Feinde getötet. Auf kubanischer Seite gab es 161 Tote.
Nach
der Invasion der Schweinebucht begannen die Sowjets, Waffen an Kuba zu
liefern. Kennedy beschloß, nicht zu intervenieren, solange
es sich ausschließlich um Verteidigungswaffen, handelte. Ende August
1962 jedoch hatten Agenten der US-Luftwaffe SAM-2-Raketen-Stützpunkte
auf der Insel erspäht und fotografiert. Im September trafen sowjetische
Truppen auf Kuba ein, bestehend aus insgesamt etwa vierzigtausend
Soldaten. Im Oktober folgten sowjetische Mittelstreckenraketen und Bomber.
Gegen Ende der Krise behaupteten die Russen, ihre Aufrüstung auf Kuba
sei im Gegenzug zu der Stationierung US-amerikanischer Jupiter-Raketen
in der Türkei geschehen, aber auch dieses Argument vermochte nicht,
die nervenaufreibende Konfrontation abzuwenden.
Am
22. Oktober unterrichtete Präsident Kennedy die schockierte amerikanische
Öffentlichkeit in einer Fernsehansprache über den Ausbruch der
Kubakrise. Der sowjetische Premier Nikita Chruschtschow blieb indessen
bei seiner Behauptung, es handle sich lediglich um Verteidigungswaffen
und kündigte an, weitere zu liefern. Das resultierende Katz-und-Maus-Spiel
zwischen den beiden Supermächten führte die Welt an den Rand
eines Nuklearkrieges. Am 24. Oktober errichtete die US-Armee eine Seeblockade
um Kuba mit der Absicht, eintreffende Schiffe auf Nuklearwaffen zu
durchsuchen und abzuweisen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten
Staaten ordnete die Luftwaffe DEFCON 2 an, die letzte Stufe vor der Erklärung
des Nuklearkrieges.
Am
28. Oktober gab der sowjetische Premier über Radio Moskau bekannt,
daß er bereit sei, einzulenken, indem er die Frachter zurückkommandierte,
die mit Raketen beladen nach Kuba unterwegs waren, sowie die bereits stationierten
Nuklearwaffen zurückzog. Da Castro nicht im voraus über die sowjetische
Kapitulation unterrichtet worden war, traf ihn die Nachricht unvorbereitet.
Er schäumte vor Wut, während die Weltöffentlichkeit erleichtert
aufatmete.
Die
Kubakrise hatte allerdings nicht nur negative Auswirkungen. Erstens löste
sie die Pattsituation, die bis dato zwischen den Supermächten geherrscht
hatte. Unmittelbar nach dem dramatischen Ereignis wurde zwischen dem Weißen
Haus und dem Kreml eine Hotline eingerichtet, damit sich die beiden Staatschefs
in Krisensituationen miteinander in Verbindung setzen
konnten. Zweitens wurden die Verhandlungen bezüglich des Abkommens
über ein eingeschränktes Verbot von Nukleartests endlich fortgesetzt,
mit dem Ergebnis, daß im Jahr darauf Nukleartests aus der Luft,
unter Wasser sowie im Weltraum abgeschafft wurden. Zwar wehrten sich während
der siebziger und Achtziger Jahre die jeweils amtierenden US-Präsidenten
weiterhin gegen die Stationierung von Sowjettruppen und Verteidigungswaffen
auf Kuba, aber es kam nie wieder zu einer solchen Krise wie in den Sechzigern.
Interessanterweise
enthielt das sechzehnseitige Schreiben, das Chruschtschow 1962 an Kennedy
richtete, um seine Kompromißbereitschaft kundzutun, unter anderem
die Bitte, das Handelsembargo über Kuba aufzuheben und die US-Truppen
von dem Marinestützpunkt Guantanamo im Osten Kubas abzuziehen. Chruschtschow
hatte sich jedoch längst seinen Verhandlungsspielraum verscherzt,
und Kennedy reagierte nicht auf seine Anliegen. Sowohl das Embargo als
auch der amerikanische Stützpunkt auf Kuba existieren noch heute,
um stumm aber wirkungsvoll zu demonstrieren, welch eine starke Faszination
von einem einzelnen Menschen und seiner kleinen Insel weiterhin ausgeht:
Fidels Kuba.
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