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Che Guevara   ||   Über Kuba   ||   Und vieles mehr ...

 
Che Guevara
Die Afrika-Expedition

Sechs Jahre nach der gelungenen Revolution verließ Che Kuba, in Richtung Afrika. Er trennte sich nicht im Streit, wie heute viele denken, von Castro, nein er schrieb ihm einen förmlichen aber freundschaftlichen Abschiedsbrief. In diesem Brief schrieb er ungefähr dies: "Kuba hat mit Dir einen der besten Präsidenten, den es überhaupt haben könnte. Ich sehe nicht ein was für eine Rolle ich da noch spiele. Ich stelle meine bescheidenen Taten im Kampf gegen die Unterdrückung lieber anderen Ländern zur Verfügung. Ich denke, dies bereitet mir mehr Freude".

In Afrika traf sich Che mit einem hohen Minister Kongos, den Che schon von früher kannte. Es wurde Che angeboten eine Guerillaeinheit zu führen. Che vertiefte sich in das Staatswesen Kongos und willigte schliesslich ein. Doch seine sogenante Armee war nicht mehr als eine Horde schiesswütiger Männer, die noch nie etwas von Marx oder Lenin gehört hatten.


DIE BASIS IN DEN FIZI-BERGEN

Durchaus ähnlich wie schon einmal gut acht Jahre vorher hatten diesmal 14 kubanische Freiheitskämpfer ein Boot bestiegen, einen See überquert und waren in die dahinterliegenden Berge gestiegen, um dort ihre Basen und eine befreite Zone zu schaffen, um den Aufstand von dort bis in die ferne Hauptstadt zu tragen. Doch dieser See war nicht die Karibik und das Boot hieß nicht Granma. Die Kubaner starteten im tansanischen Kigoma, überquerten den nur 50 Kilometer breiten Tanganjikasee und landeten am gegenüberliegenden Strand im Süden der zairischen Kivuregion. Dort befand sich eines der letzten geschlossenen Rebellengebiete des Kongos. Vorher hatte der kubanische Geheimdienst das namenlose Boot an der Küste des indischen Ozeans gekauft und quer durch Tansania transportieren lassen, wie ein halbes Jahrhundert zuvor die deutschen Kolonialtruppen ein Kanonenboot, welches dann im Film von Humphrey Bogart mittels der "African Queen" torpediert wurde, in Wirklichkeit aber von einem kolonial-belgischen Flieger.

Empfangen wurden die Kubaner am Ufer Zaires von einer Abteilung gut ausgerüsteter Rebellen in neuen chinesischen Uniformen. Es ist der 24. April 1965. In den nächsten Wochen und Monaten werden immer neue Trupps kubanischer Militärs über Tansania in den damaligen Kongo gebracht, im November sind es fast 200. In Kuba überwiegend aus Eliteeinheiten rekrutierte Freiwillige, schnell und intensiv auf einen Einsatz in Afrika vorbereitet, hat ihr Eingreifen die Zustimmung der bereits in Auflösung begriffenen kongolesischen Revolutionsregierung, der antikolonialistischen Staaten in Afrika wie Algerien, Ägypten oder Tansania und vermutlich auch die Unterstützung der Sowjetunion und Chinas. Selbst aus den weitgehend isolierten Fizi-Bergen wechselt Che Briefe mit dem chinesischen Außenminister Chu En Lai. Im Kampf gegen die Allianz der Mörder Patrice Lumumbas - Staatspräsident Kasavubu, Ministerpräsident Tschombe und Militärchef Mobutu - gegen die dahinterstehenden Gruppen des internationalen Bergbaukapitals und gegen die in Leopoldville angeheuerten Söldnerverbände. Unter diesen Söldnern waren auch eine ganze Anzahl Deutscher, wie der berühmte "Kongo-Siegfried"(Bild-Zeitung), Siegfried Müller aus Neu-Isenburg, der immer mit Eisernem Kreuz an der Brust ins Gefecht gegen die Simbas zog. Einige (zu wenige) blieben in kongolesischer Erde.Es besteht eine breite Solidarität der eben unabhängig gewordenen Staaten in Afrika. Nur eine Bedingung hatte Soumaliot, der Ministerpräsident der Rebellenregierung, den Kubanern gestellt: nur Militärs mit schwarzer Hautfarbe.

WELTREVOLUTION ODER BEWAFFNETER FRIEDE

Links: Che in Algerien mit Premierminester Ben Bella
In seiner berühmten Rede am 24. Februar 1965 in Algier hatte Che Guevara gefordert: "Auf den unheilvollen Angriff des nordamerikanischen Imperialismus gegen Vietnam oder den Kongo muß geantwortet werden, indem diesen Bruderländern die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die sie zu ihrer Verteidigung benötigen, und indem wir ihnen unsere bedingungslose Solidarität beweisen." Doch schon bald stellt sich heraus, daß Ches globaler Revolutionsbegriff weder den Auffassungen der kongolesischen Nationalistenführer noch den Vorstellungen der afrikanischen Guerilla vor Ort entspricht. Das Ziel der lumumbistischen Elite im Conseil National de la Révolution ist die Unabhängigkeit des riesigen Landes, das Ende der kolonialen Bevormundung des Kongos und der Plünderung seiner Reichtümer - Ziele, die erst Jahrzehnte später und in der Form von Ruin und Desinteresse absurd verwirklicht werden.

Die Simba (kiswahili: Löwe)-Rebellen vor Ort, haben die Niederlage bereits erfahren. Schon im Herbst '64 hatten die Söldner den Bezirk Fizi angegriffen, gebrandschatzt und durchquert, und nichts hatte sie aufhalten können. Wenn es für die Kubaner einen militärstrategischen Hintergrund der Ereignisse der Monate vor ihrem Eintreffen gab, dann wurde er zumindest  nicht bekannt. Denn zum Zeitpunkt der kubanischen Intervention waren alle Städte im Norden und Osten Zaires durch Mobutus Armee, die Söldner Mike Hoares und Bob Denards, durch - von amerikanischer Luftwaffe transportierte - belgische Fallschirmjäger zurückerobert worden. Durch den Fall von Städten wie Kisangani nach Mobutus Staatsstreich im November 1965 begann er als symbolisches Zugeständnis an die nationalistische Opposition mit der sogenannten "Authentizitätskampagne", durch die unter anderem alle kolonialen geographischen Bezeichnungen getilgt wurden und durch teilweise ältere afrikanische Bezeichnungen ersetzt wurden. Z.B. wurde Stanleyville zu Kisangani und zum Schluß auch der Kongo in Zaire umbenannt. Es gab rechte "Oppositions-"Gruppen in Kinshasa, die die Wiedereinführung der Kolonialnamen anstrebten, Mbandaka, Kindu, Goma oder Isiro - den politischen Zentren der Nationalbewegung war die Infrastruktur wie die soziale Basis der "Volksrepublik Kongo" zerstört. Dazu hatten die Rebellen selbst beigetragen, denn ihre Eroberungszüge im Frühjahr und Sommer '64 waren kaum weniger grausam verlaufen als die dann folgende Rückeroberung, ihre kurzfristige Herrschaft über zwei Drittel des Landes war von Massakern der überwiegend aus den rückständigsten ländlichen Gebieten rekrutierten Kämpfer an der städtischen Bevölkerung begleitet. In der Revolte selbst brachen nicht nur uralte Stammeskonflike wieder unkontrolliert und blutig aus, sondern sie richtete sich auch massiv gegen all die städtischen Schichten, die ursprünglich mit Demonstrationen und Streiks für die Selbstbestimmung des Kongos gekämpft hatten, aus der Sicht der noch völlig traditionell denkenden Simbas aber Verräter an den Traditionen, Repräsentanten einer modernen Gesellschaft waren, die sie selbst nur als äußerliche Gewalt von Steuern, Zwangsarbeit und Gefängnissen kennengelernt hatten. Dann kam die Rückeroberung zum Beispiel von Stanleyville (Kisangani) - 110 Tage Hauptstadt der "Volksrepublik" - und wer hier die Herrschaft der Simbas überlebt hatte, stand nun im Verdacht, Lumumbist zu sein. Allein 2000 Menschen wurden von Mobutus Armee im Stadion der Stadt im November 1964 massakriert.

Demgegenüber glich Ches Expedition nach Fizi einer Ethnologenreise in ein völlig rückständiges ländliches Gebiet. Hier trafen die Kubaner auf zwar gut bewaffnete, aber politisch und militärisch desorganisierte Rebellen, untereinander heillos zerstritten, aber allesamt hoffnungslos abergläubig an die Macht ihrer jeweiligen "Dawa" (arabisch und swahili: Medizin). Jeder Versuch der Kubaner, die noch mehreren tausend kongolesischen und ruandischen (Tutsi) Rebellen zu organisieren und auszubilden, scheitert. Als schließlich das erste Gefecht nach mehr als zwei Monaten stattfindet, können die Kubaner ganze 170 einheimische Kämpfer mobilisieren, von denen bereits 70 vor dem Beginn des Angriffs desertiert sind. Dieser Angriff auf Bendera, einer starken Garnison samt Wasserkraftwerk nördlich Kalemie in der damaligen Katangaprovinz, ist organisatorisch ein Desaster und bleibt militärisch eine Episode. Kurz vorher hatte Mobutus Söldnerarmee das zweite größere Rückzugsgebiet der Rebellen entlang der sudanesischen Grenze fast widerstandslos überrannt und beginnt nun im Sommer '65 den Ring um Fizi-Baraka enger zu ziehen. Es kommt immer häufiger zu kleineren Abwehrgefechten der Rebellen und ihrer kubanischen Helfer gegen die Regierungsarmee und deren Söldner unter Führung des Südafrikaners Mike (Mad Mike) Hoare. Schon nach dem Angriff auf Bendera analysiert Viktor Dreke, der stellvertretende Kommandeur der kubanischen Brigade: "Die Kubaner haben das Gleichgewicht des bewaffneten Friedens zerbrochen, in dem sich die Kongolesen eingerichtet hatten. Sie waren zwar bewaffnet, doch sie blieben zuhause bei Frau und Kind. Sie kämpften nicht."

Che sagte über die Zeit im Kongo: "DAS JAHR IN DEM WIR NIRGENDWO WAREN!"
Doch dieses Nirgendwo steht unbeabsichtigt auch dafür, ein Jahr im  Nirgendwo verbracht zu haben! Ein Land, dem Che abstrakt eine globalstrategische Bedeutung zumaß und dem er sich dann nur hyperkonkret nähert, in der Form seitenlanger Beschreibungen über den Aberglauben und die Organisationsmängel der Bauern und Hirten in den entlegenen Fizi-Bergen. Doch die Geographie, die politischen und militärischen Ereignisse im damaligen Kongo jenseits der eigenen Hügelketten spielen nur eine ganz marginale Rolle, die sozialen Verhältnisse im Zaire werden nicht berücksichtigt. Die Rebellenführer wie Soumaliot oder Kabila haben zumindest ein begrenztes nationales Ziel, das sie noch irgendwie mit Hilfe des Auslandes erreichen wollen, bei Che Guevara aber fehlt jeder Versuch, die primär weltstrategische Beurteilung der Ereignisse in die sozialen und politischen Verhältnisse des Kongos 1965 zu vermitteln. Dieser Voluntarismus der Revolution, der zwar die Eingeborenen solidarisch behandelt und beschreibt, aber auf eine wirkliche Analyse der Verhältnisse im Kongo verzichten zu können glaubt, wird sich unter den bolivianischen Indios wiederholen und den "Comandante" schließlich das Leben kosten.

Che verließ dieses Land schnell wieder und machte sich auf eine Weltreise. Er lernte viele interessante Männer kennen und vertiefte seinen Marxismus. 1966 kehrte er wieder nach Südafrika zurück, unterwegs traf er sich noch kurz mit Castro.

Kampfpause der internationalistischen Guerilla-Truppe

 

Dieses Dokument ist ein Bestandteil der Seite Mythos Che!
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